Nachhaltigkeit
Nachhaltige Verpflegung

Essen mit Genuss und Verantwortung

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ gewinnt zunehmend an Bedeutung und betrifft unsere heutige Gesellschaft in nahezu allen Lebensbereichen. Auch eine qualitätsorientierte Verpflegung berücksichtigt den Nachhaltigkeitsaspekt. Nachfolgend wird beschrieben, was das für die Verpflegungspraxis in Kita und Schule bedeutet.

Was bedeutet nachhaltige Verpflegung?

Bündel Karotten

©StMELF/CMMeissner

Unter „Nachhaltigkeit“ wird eine weltweite Entwicklung verstanden, die die Bedürfnisse heutiger Generationen befriedigen soll, ohne die Bedürfnisbefriedigung kommender Generationen zu gefährden.
Nachhaltiges Handeln im Bereich der Verpflegung gilt dabei für alle Prozesse entlang der Ernährungskette. Angefangen beim Einkauf über den gesamten Prozess der Herstellung des Produkts bis hin zur Entsorgung oder Weiterverarbeitung des Abfalls, soll die Umwelt möglichst wenig belastet werden. Unter dem Leitbild der „Nachhaltigkeit“ wurden weltweit bereits auf der UNO-Konferenz 1992 die Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zusammengefasst. Bei der Ernährung kommen die Dimensionen Gesundheit und Kultur noch hinzu. Demnach beinhaltet eine nachhaltige Ernährung die Schonung der Umwelt, eine faire Wirtschaft, eine soziale Gesellschaft sowie Gesundheit und Genuss unter Berücksichtigung der Ernährungskultur.
Die Gemeinschaftsverpflegung berücksichtigt in zunehmendem Maß ökologische Aspekte, so auch die Kita- und Schulverpflegung. Die Bayerischen Leitlinien Kita- und Schulverpflegung und die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Verpflegung in Kitas und für die Verpflegung in Schulen gehen auf das Thema „Nachhaltigkeit“ ein. Beispielsweise wird empfohlen, saisonale und regionale Lebensmittelangebote mit kurzen Transportwegen zu bevorzugen. Zudem sollten ökologisch erzeugte Lebensmittel und fair gehandelte Produkte eingekauft und eingesetzt werden. Darüber hinaus ist es wichtig, das Tierwohl zu beachten und auf wiederverwertbare Verpackungsmaterialien zu achten (z.B. Mehrweggeschirr).

Wie kann die Umwelt durch nachhaltige Kita- und Schulverpflegung geschont werden?

Von einer nachhaltigen Landwirtschaft profitieren alle: Klima, Böden, Gewässer, Pflanzen, Tiere und Menschen.
Um zum einen die Ernährung aller Menschen zu sichern und zum anderen klimatische Veränderungen durch die Treibhausgasemissionen zu verhindern, ist es dringend nötig, Nahrungsmittel klimafreundlich zu erzeugen und und die Lebensmittelauswahl und die Verzehrshäufigkeiten verantwortungsvoll zu gestalten.
Die weltweite Ernährung trägt insgesamt mit etwa 25-30 % zum gesamten Treibhausgas-Ausstoß bei. Höchste Anteile dabei haben:
  • Produktion tierischer Lebensmittel
  • Einkaufsfahrten
  • Lagerung, Zubereitung, Handel und Transport von Lebensmitteln

So ist die Wahl einer pflanzenbetonten Mischkost eine Entscheidung für den Klimaschutz.
Durch eine gezielte Lebensmittelauswahl und Vermeidung von Essensresten kann auch die Kita- und Schulverpflegung zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen:

  • Pflanzliche Kost verursacht etwa nur ein Zehntel an schädlichen Klimagasen im Vergleich zu tierischen Produkten.
  • Beim Lufttransport entstehen je Kilogramm 170-mal mehr klimawirksame Emissionen als beim Transport mit dem Schiff.
  • Weltweit wird ein Drittel der produzierten Lebensmittel weggeworfen. In der Schulverpflegung landen beispielsweise 24 - 35 % des Mittagessens im Müll.
    Das Thema Lebensmittelverschwendung lässt sich am besten so veranschaulichen: Eine Halbierung der Lebensmittelabfälle hätte den gleichen Effekt bezüglich des Klimaschutzes wie die Abschaffung jedes zweiten Autos.

Nachhaltige Verpflegung bedeutet zudem:

  • Frisches Obst und Gemüse aus der Region einsetzen, wenn es auch Saison hat, d.h. wenn es im Freiland ohne energieaufwändig beheizte Treibhäuser erzeugt wird.
  • Die Bevorzugung von gering verarbeiteten Lebensmitteln statt Fertiggerichten, um Energie, Wasser und Verpackung zu sparen.
  • Die Berücksichtigung von ökologisch erzeugten und/oder fair gehandelten Lebensmitteln, um die Umwelt zu entlasten, da höhere Umweltschutzauflagen bei deren Produktion eingehalten werden müssen.
  • Der Einsatz energieeffizienter Geräte v.a. bei Lagerung und Zubereitung der Lebensmittel senkt den Energiebedarf und somit die Treibhausgas-Emissionen.

Welche Auswirkungen hat eine nachhaltige Kita- und Schulverpflegung auf Gesundheit und Genuss?

Die Bayerischen Leitlinien Kita- und Schulverpflegung und die Qualitätsstandards der DGE für die Verpflegung in Kitas und für die Verpflegung in Schulen empfehlen eine pflanzenbetonte Mischkost oder eine ovo-lacto-vegetarische Kost, die gesundheitsförderlich sind und gleichzeitig die Umwelt im Sinne der Nachhaltigkeit schonen.
Für die pflanzenbetonte Mischkost in der Mittagsverpflegung in Kita und Schule werden deshalb nur maximal vier Mal Fleisch und Wurstwaren, aber dafür 20 Mal Gemüse, Hülsenfrüchte und Salat in 20 Verpflegungstagen empfohlen.
Regionale und saisonale Lebensmittel garantieren zudem vollen Genuss und gesunde Inhaltsstoffe, da sie auf dem Feld ausreifen können. Freilandware enthält zudem durchschnittlich weniger Schadstoff-Rückstände als Treibhausware, z.B. Nitrat und Pestizide. Zusätzlich können bei der bevorzugten Auswahl von Grundnahrungsmitteln, die nur geringe industrielle Verarbeitung erfahren haben, Lebensmittelzusatzstoffe minimiert und die Geschmacksprägung heranwachsender im Sinne eines gesundheitsförderlichen Essverhaltens gesteuert werden.

Wie wirkt sich eine nachhaltige Verpflegung wirtschaftlich aus?

Kostenkalkulation

©Thinkstock

In der Kita- und Schulverpflegung sind Interessenskonflikte vorprogrammiert, da Träger nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung haben, hohe Essensqualität zu niedrigen Preisen fordern und Lieferanten/Pächter wirtschaftlich arbeiten müssen.
Eine nachhaltige Verpflegung berücksichtigt aber nicht nur die unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten, sondern auch Folgekosten für das Gesundheitswesen z.B. durch Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen. Auch Kosten, die durch Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung entstehen, müssen in die Betrachtung mit einbezogen werden.
Durch das Einbeziehen regionaler Landwirte, Lebensmittelhandwerker und Gastronomen entsteht eine regionale Wertschöpfungskette, die zur Sicherung von Gesundheit, Umwelt, Arbeitsplätzen beiträgt und zudem eine breite gesellschaftliche Akzeptanz erfährt. Diese Akzeptanz sichert die Umsetzung der nachhaltigen Verpflegung. Je mehr Bereiche und Akteure vor Ort über die Inhalte und Hintergründe der neuen Verpflegung informiert und einbezogen werden, desto leichter wird der höhere finanzielle Aufwand im Sinne einer höheren Qualität etabliert.
Auch durch eine Verminderung des Fleischkonsums können die höheren Preise für beste Qualität bei Fleisch und Wurstwaren, z.B. Produkte aus artgerechter bzw. ökologischer Tierhaltung, kompensiert werden. Greift man ausschließlich auf pflanzliche Alternativen (wie z.B. Linsen) zurück liegt der Wareneinsatz sogar noch deutlich unter dem Preis für konventionelle Fleischprodukte.

Welche sozialen Aspekte hat eine nachhaltige Verpflegung?

Zu den sozialen Aspekten der nachhaltigen Ernährung gehören unter anderem partnerschaftliches Handeln, verbesserte Lebensbedingungen und weltweite Ernährungssicherung.
Lokal handeln, global denken – dieses Motto nachhaltiger Entwicklung charakterisiert auch eine nachhaltig orientierte Kita- und Schulverpflegung.
Nicht nur die Behandlung dieser Themen in der pädagogischen Arbeit, sondern auch die tägliche Umsetzung wichtiger Elemente fördern diesbezügliche Einsicht und Akzeptanz.

Durch bewusste Verbraucherentscheidungen und einen sozial verträglichen Ernährungsstil, tragen wir zu besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen weltweit bei.
Durch nachhaltige Landwirtschaft bleibt der ländliche Raum als Erholungsraum erhalten. Immer mehr Landwirte beteiligen sich an Kita- und Schulprojekten, um Kindern und Jugendlichen einen Einblick in die Erzeugung von Lebensmitteln zu geben. So können diese Zusammenhänge zwischen den Tieren und den Produkten, die wir durch sie gewinnen, erkennen. Dies regt auch dazu an, um über das Mensch-Tier-Verhältnis nachzudenken. Wenn die Mittagsverpflegung mit Ernährungsbildung verknüpft wird, kann Ernährung erlebbar gemacht werden.

Auch soziale Aspekte der Verpflegung (Gemeinschaftsgefühl, Kommunikation etc.) sind wichtig und vermitteln Werte und Sozialkompetenz. Die auf diese Weise geförderte Sozialkompetenz gilt als Basis einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Übergreifendes Erziehungsziel ist die Entwicklung eines reflexiven Bewusstseins und eines Wertesystems. Nur dann können Kinder und Jugendliche verantwortungsvolle und nachhaltige Entscheidungen treffen.

Wie kann nachhaltige Verpflegung praktisch umgesetzt werden?

Für eine nachhaltige Verpflegung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Stammen die Lebensmittel vorwiegend aus regionaler Produktion?
  • Liegt der beliefernde Betrieb im Ort oder zumindest im engeren Umkreis?
  • Werden vorwiegend frische Zutaten verwendet?
  • Wird dafür gesorgt, dass Chancengleichheit herrscht, z.B. durch Inklusion von Menschen mit Behinderung?
  • Wie hoch sind die Lebensmittelabfälle sowie Verpackungsmüll?
  • Wie sind die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter?
  • Werden kulturelle Aspekte bei der Speiseplangestaltung berücksichtigt?
  • Die Erstellung eines entsprechenden Verpflegungsleitbilds in Kita und Schule ist zu empfehlen.
  • Um Kitas und Schulen die Wertschöpfung von Lebensmitteln nahe zu bringen, gibt es das Angebot "Lernort Bauernhof". Lernprogramme bei qualifizierten Erlebnisbäuerinnen und Erlebnisbauern vermitteln landwirtschaftliche Produktion und Wertigkeit der Lebensmittel; Methodik und Didaktik sind dabei auf Erlebnispädagogik ausgerichtet.
  • Speisenanbieter sollten im Hinblick auf die Thematik „Nachhaltige Ernährung“ entsprechend geschult sein.
  • Die DGE zeichnet Betriebe in der Gemeinschaftsverpflegung mit einem Logo für „Nachhaltige Verpflegung“ zusätzlich zum DGE-Zertifikat für ein vollwertiges Verpflegungsangebot aus.

Die Auswahl der Links wurde beispielhaft zusammengestellt – es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Stand: Juni 2021

Literatur

aid Infodienst (Hrsg.): Mein Essen – Unser Klima. Einfache Tipps zum Klimaschutz, Bonn 2013

Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.): Erläuterungen zur Plakatausstellung Nachhaltige Ernährung. Essen für die Zukunft, Nr. 2011/29, München 2011

Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.): Leitlinien Kitaverpflegung, München 2017

Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.): Bayerische Leitlinien Schulverpflegung, München 2017

Blessing, Karin; Hutter, Claus-Peter; Welsch, Nicole: Schluss mit Fertig-Pizza. Wissenshunger – Tipps für eine gesunde Schulverpflegung. Stuttgart: Hirzel, 2010

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (Hrsg.): DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas, 6.Aufl., Bonn 2020

DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen, 5. Auflage, Bonn 2020

Kammerer, Dorothea: Vegetarisch in eine bessere Welt. In: rhw Management, 10/2011,S.21-24

Keller, Veronika: Vom Flugzeug auf den Teller. In: rhw Management, 10/2011, S. 38-39

Klein, Britta: Taste the Waste – die globale Lebensmittelverschwendung. In: Ernährung im Fokus 7/2011,S.313

Koerber, K.v.: Fünf Dimensionen der nachhaltigen Ernährung und weiterentwickelte Grundsätze – Ein Update. In: Ernährung im Fokus 09-10/2014,S.260-266

Koerber, K.v.; Kretschmer, J.: Ernährung nach den vier Dimensionen. In: Ernährung und Medizin 21/2006, S.178-185

Koerber, K.v; Männle, T.; Leitzmann, C.: Vollwert-Ernährung – Konzeption einer zeitgemäßen und nachhaltigen Ernährung. Stuttgart: Haug, 2012

Moltrecht, Nora: Nachhaltige Ernährung durch Kochen erfahren. Empfehlungen zur Nachhaltigkeit lieber praktisch vermitteln. In: AID Pressedienst (Hrsg.), www.aid.de , Sept. 2011

N.N: Neue Wertschätzung für Lebensmittel. In: Knack Punkt, 10/2011,S.4-5

Nölle, Maria; Schindler, Hedwig; Teitscheid, Petra (Hrsg.): Nachhaltige Entwicklung im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft. Hamburg: Handwerk und Technik, 2010

Rückert-John, Dr. Jana: Nachhaltigkeit in der Außer-Haus-Verpflegung. In: Ernährung im Fokus 8/2011,S.344